Hallöschn zusammen
auf der Unterseite von Jessyswelt zum Thema Kur bzw Reha.
Ich war jetzt sechs Wochen fort von daheim und muss sagen: Es war sooooo mega! Hier mein Bericht inklusive Kurtagebuch und Infos, die man einfach haben muss, wenn man eine Reha beantragen will.
meine Behandlungskarte und Schlüssel - ständige Begleiter in der Klinik
Ich war in Kur wegen meiner Nieren und der vielen Entzündungen, die einfach nie weggingen.
Was braucht man in einer Kur? Woran muss man denken?
Also, erst mal hallo und schön, dass Du den Weg hierher gefunden hast. Ich hab im Netz bislang noch keine Seite gefunden, die sich so ausführlich mit einer Reha (Kur) befasst, dass man´s auch wirklich gebrauchen kann.. Darum also hier alles, was mir dazu einfällt, wie ich die Zeit in der Klinik erlebt habe und alles was man eben darüber wissen sollte. Zu Anfang möchte ich eines sagen: Jede Kur ist anders. Die Kliniken arbeiten nicht alle gleich, die Aufgaben/Ziele sind verschieden und ich kann das alles beim besten Willen nicht verallgemeinern – ich spreche nur über meine gerade erlebte psychosomatische Kur.
Man sagte uns, dass „Kur“ im Prinzip so nicht mehr stimme. Rehabilitationsmaßnahme ist das korrekte Wort. Ich verbinde „Reha“ jedoch extremst mit „Krankheit“ und Kur war für mich einfach das positivere Wort. Darum wird im folgenden Text eher das Wort „Kur“ benutzt. Eine Kur kann Spass machen, aber bedenke, dass dies kein Urlaub ist, sondern eine ernste Sache, die Dir jedoch gut tut. Du solltest an Dir arbeiten wollen, sonst bringt das alles nix. Du machst Dir und den Menschen, die mit Dir arbeiten, aber auch denen, die dort für eine Weile leben, nur das Leben schwer. Das soll nicht bedeuten, dass man der absolute Sonnenschein sein muss und es einem nie schlecht gehen darf. Im Gegenteil – Dir wird geholfen. Also lass es zu. Dann wirst Du eine schöne und vor allem bereichernde Zeit verleben, an die Du gern zurückdenkst.
Die Klinik
Erstmal musst Du schauen, wo Du rentenversichert bist. Wenn Du arbeitslos, selbständig oder privat versichert bist oder Deine Krankenkasse bzw ein anderer Träger (Caritas, Arbeitsamt o.ä.) die Rehamaßnahme zahlt, geht’s natürlich auch. Auch Selbstzahler sind jederzeit willkommen, aber das kommt glaub ich seltener infrage. Am besten stellst Du eine telefonische oder schriftliche Anfrage (z.B. per E-Mail) bei Deiner Krankenkasse. Die sagen Dir dann bescheid, wie Du vorgehen musst bzw. schicken Dir alles Nötige zu. Ich bin bei der AOK und bekam die Unterlagen der Bundesanstalt für Angestellte (BfA) innerhalb kürzester Zeit von meinem Sachbearbeiter zugesandt. Dann saß ich da – mit einem Stapel Zettel und fragte mich, ob ich da jemals durchblicke. Aber keine Bange – man gewöhnt sich daran, jede Menge Papierkram evtl auch mehrmals auszufüllen. Ich hab dann einige Zettel vollgeschrieben und bin mit dem Rest zu meiner Hausärztin gegangen – und Dein behandelnder Arzt weiß was zu tun ist – er füllt alles aus und dann kannst Du es losschicken. Achte darauf, dass man Dir die Kopien von eventuellen Krankenhausberichten mitgibt. Es geht aber auch, dass Dein Doc alles losschickt.
Nun heisst es warten
Von anderen Mitpatienten weiß ich, dass man manchmal ziemlich lange warten muss, bis eine Kur bewilligt wird. Hab also Geduld! Manchmal wird der Antrag abgelehnt. Du kannst Einspruch erheben. Oder Du musst zu so nem Amtsarzt o.ä.
Ich hatte echt Glück. Mein zweiter Vorname ist Miss Ungeduld und ich hatte netterweise schon drei Wochen nach Antragstellung die Bewilligung der BfA im Briefkasten. Und? Rate? Ja! Ein neuer Fragebogen zum Ausfüllen! Nebst Anschrift der Rehaklinik und ein Reisekostengutschein, mit dem man sein Bahnticket bestellen kann. Dazu später etwas.
Im Internet suchte ich mir via Suchmaschine die Homepage der Klinik und der dazugehörigen Stadt raus. Es ist ganz gut, wenn man schon mal weiß, wo man hinkommt und beispielsweise sieht, welche kulturellen Angebote es gibt.
Der nächste Schritt vor allem anderen ist übrigens: Arbeitgeber informieren! Die BfA schickte ein entsprechendes Anschreiben mit.
Dann kam der Tag, an dem die Klinik anrief. Der Termin? Zehn Tage später! Kannst Du aus irgendwelchen Gründen zum vorgeschlagenen Termin nicht anreisen, behält sich die BfA vor, die Bewilligung noch einmal zu prüfen. Allerdings bleibt der Bewilligungsbescheid erst mal ein halbes Jahr gültig, also wirst Du Dich sicher mit der Klinik einigen können. Ich hab insgesamt sechs Wochen Kur genehmigt bekommen, andere drei, vier oder fünf plus Verlängerung, die immer individuell in der Klinik geregelt wird. Dann nannte ich meinem Arbeitgeber das Datum der An- und Abreise und reichte Urlaub für die Tage vor und nach der Kur ein. Dein Arbeitgeber ist übrigens verpflichtet, Dich freizustellen.
Das Beste ist also, wenn Du vor und nach der Kur ein bissl Urlaub nehmen kannst. Mein An- und Abreisetag war der Mittwoch, also nahm ich mir Montag + Dienstag vorher und Donnerstag + Freitag hinterher frei.
Die Kliniken haben oft nicht genügend Parkplätze in der Nähe und es ist für Dich gar nicht schlecht, viel laufen zu müssen, also lass Dein Auto daheim. Die Anreise mit der Bahn war für mich sehr bequem, weil ich nur 35 Minuten fahren musste. Du schickst den Reisekostengutschein einfach mit Angabe des An- und Abreisetages an das angegebene Reisebüro zurück und erhältst Dein Ticket direkt per Post. Auch Dein Gepäck kannst Du kostenlos aufgeben. Die Anzahl der Gepäckstücke richtet sich nach der Länge Deines Aufenthalts. Nimm Dir auf jedenfall noch eine leere Reisetasche zur Reserve mit..
Liegen weniger als 10 Tage zwischen Bewilligung und Anreise, so wie bei mir, kaufst Du Dir Dein Ticket bei der Bahn oder im Reisebüro und bekommst das Geld in der Klinik erstattet.
Nach Absprache des Termins bekommst Du Post von der Klinik. Hierin enthalten: Die Einladung, Organisatorisches sowie allgemeine Infos – z.B. eine Broschüre und ein paar Zettel mit Hinweisen. Das meiste wusste ich nun, aber Einiges musste ich doch erfragen bzw ergab sich vor Ort:
- Handtücher und Bettwäsche wurden gestellt.
- Unterbringung im Einzelzimmer (in manchen Kliniken auch DZ)
- Wäsche waschen war in der Klinik möglich, ebenso stehen dort Trockner, Wäscheständer und Bügeleisen zur Verfügung
- Wasserflaschen und Tee gab es in meiner Klinik umsonst, woanders kann man Wasserkästen bestellen
- In meiner Klinik konnte man morgens im Kiosk Zeitschriften etc kaufen
- Besuch kann man immer bekommen, in manchen Kliniken nur am Wochenende
- Vom Essen darf man sich abmelden, in manchen Kliniken jedoch nur nach Absprache mit dem Therapeuten
- In die Stadt gelangt man am besten zu Fuß, denn nicht immer gibt es Busverbindungen. Vom Bahnhof kann man jedoch auf Anfrage hin abgeholt werden und am Abreisetag wird man hingebracht
- Telefon gibt´s auf dem Zimmer, die Einheiten können jedoch recht preisintensiv sein. Lass Dich am besten anrufen
- Post kannst Du Dir schicken lassen, am besten mit Angabe Deiner Station plus Zimmer
- Die 9 Euro Zuzahlung pro Tag zahlst Du entweder in der Klinik oder per Rechnung
- Es gibt diverse Freizeitangebote (z.T. mit Extra-Kosten) und Gespräche mit netten Mitpatienten sind auch sehr empfehlenswert und spaßig. Trotzdem ist es gut, wenn Du Dir genügend Lesestoff mitnimmst. Oft gibt´s auch Lesezimmer oder Bibliotheken. Nimm auf jeden Fall mit, was Du gerne tust – Kamera, Strickzeug, Schreibzeug, Malen nach Zahlen etc. Radio oder Walkman gibt’s dort auch nicht, ich war sehr froh über „meine“ Musik (in Zimmerlautstärke versteht sich!) Spiele und Gitarren konnte man in der Klinik leihen, Fernseher gab es in 4 Gruppenräumen – allerdings nur zwei Programme. Aber merke Dir: Du bist zur Erholung dort! Nicht zum Fernsehen. Er wird Dir auch überhaupt nicht fehlen.
Noch mehr allgemeine Infos bekommst Du übrigens zum Nulltarif z.B. bei der BfA unter 0800 3331919 (Mo-Do 9-19.30h, Fr. 9-13h) Da gibt’s auch Broschüren, zB „Fremdwort Rehabilitation – 100 Begriffe verständlich gemacht“ usw.
Dann wäre noch wichtig:
- Wer kümmert sich um Haustiere, Pflanzen, Post?
- Putzt jemand Treppe/Keller für Dich während Du weg bist?
- Warst Du vorher beim Zahnarzt?
- Hast Du noch offene Termine, die evtl verlegt werden müssen?
Und und und...
Es ist gar nicht so übel, wenn man alles schon vorher besorgt, inklusive Shampoo und solche Dinge. Dann muss man nämlich keinen Gedanken daran verschwenden, sondern kann sich voll und ganz auf die Behandlung konzentrieren. Hier eine Liste, die natürlich erweiterbar ist (und auf Frauen zugeschnitten...sorry Männer..:!) – aber das hab ich für 6 Wochen im Herbst gebraucht:
Meine Kamera + 18 Filme |
Kalender |
Malzeug, Bastelkram |
Regenschirm oder –jacke, Regenschuhe |
Was zu schreiben, Zeitschriften, Bücher |
Briefpapier, Umschläge, Briefmarken, ADRESSEN!! |
Turnschuhe für drinnen und draußen, ein paar „normale“ Schuhe, Hausschuhe, eine leere Reisetasche |
Ein Wecker – oder das Handy, denn ohne Uhr ist man aufgeschmissen – man hat schließlich Termine (aber schläft tagsüber mitunter viel) |
Schöne Fotos, Duftlampe etc. um mein Zimmer gemütlich zu machen (man kann auch Blumen pflücken oder Steine sammeln) |
Badeanzug (manche Kliniken wollen auch Badekappen) |
Sonnenbrille + Brillenputztücher |
Medikamente (kann man in der Klinik nachbestellen) |
Badelatschen |
Tagebuch |
Hustenbonbons, Vitamine |
Bademantel |
Schminke, Lippenpflegestift, Parfum |
Gemütliche Hosen oder Jogginganzüge |
2 Schlafanzüge |
Unterwäsche |
2 Sweatshirts |
Dicke und normale Socken |
2 Jeans |
Fön |
2 Flaschen Duschgel |
5 T-Shirts |
Deo |
2 Flaschen Shampoo |
2 x Zahnpasta |
Waschmittel |
Haarkur & Spülung |
2 Zahnbürsten |
Handy + Ladegerät |
Handcreme, Gesichtscreme & Bodylotion (2Flaschen – je nach Größe) |
Waschlappen (auch gut: Feuchte oder Einmalwaschlappen) |
Slipeinlagen, Binden, Tampons |
Bürste, Kamm, Haargummis, evtl Wachs oder Gel Haarschaum, Pflegemittel, Conditioner |
Walkman, Radio, Kassetten od. CDs mit Deiner Lieblingsmusik |
Einmalrasierer oder Epilierer |
Und nun..
Ich weiß, das klingt alles superviel. Aber ich hatte 2 Reisetaschen und einen kleinen Rucksack für die ganzen sechs Wochen. Natürlich war ich mal im Dorf oder auch in der nächstgrößeren Stadt, aber das was ich kaufte, geschah aus reinem Vergnügen und nicht, weil ich es vergessen hätte. Oder ich ging zum Entwickeln meiner FOTOS runter bzw. Für ein Eis oder Käffsche. Glaubt mir, es ist einfacher, wenn man nicht an die alltäglichen Dinge im Leben denken muss. Eine zusätzliche leere Reisetasche bietet sich deshalb an, weil man evtl.doch Dinge einkauft und der Transport nach Hause dann schwierig ist. Oder man bekommt Abschiedsgeschenke von lieben Mitpatienten. Oder man bringt Geschenke nach Hause mit.
Was Du Dir entweder vor Ort in der Touristinfo oder vorher via Internet oder Telefon besorgen solltest, sind Infos über den Ort. Auch hier gibt es Broschüren, z.B. mit Stadtplan oder auch kulturelle Infos. Dir werden zwar diverse Dinge auch in der Klinik gesagt bzw. Hier liegen ebenfalls Broschüren über die umliegenden Orte oder Freizeitangebote aus, aber vorab zu wissen, was einen erwartet, hilft ungemein.
Vor allem musst Du selbst in die (psychosomatische) Reha wollen. Ohne Eigenarbeit nutzen die tollsten Angebote nix. Die Menschen dort in der Klinik sind zur Hilfestellung da, Du bekommst Therapien und Vorschläge, was Du machen kannst, aber tun musst Du es selbst. Ob es jetzt bedeutet, eine Weile spazieren zu gehen oder sich für eine geführte Wanderung einzutragen, eigenständig in den Malraum zu gehen, beim Singen teilzunehmen oder mal kein Eis zu essen sondern aufs Abendessen zu waten – all das bleibt Dir selbst überlassen. Ich fand es manchmal echt nicht toll, morgens um 7 aufstehen zu müssen, um schwimmen oder Sport machen zu können, aber wenn man sich dann überwunden hat, ist man unglaublich stolz auf sich. Eine Kur ist kein Urlaub. Es ist eine Chance, an sich zu arbeiten, etwas für sich zu tun, aber auch eine Hilfestellung, wenn man in seinem Leben grad nicht weiterweiß. Man lernt, Dinge anders zu betrachten, anderes zu tun und vielleicht mit in den Alltag zu nehmen, mehr zu lesen oder Sport zu machen. Man kommt „zu sich“. Glaub nicht, dass es ein Spaziergang ist. Der Weg ist manchmal hart und steinig, wütend oder traurig. Aber es geht Dir meist besser als in der Zeit vor der Kur. Dinge kommen ins Rollen. Auch wenn Du Freunde oder Familie vermisst – sie laufen Dir in der Regel nicht weg – Du machst einfach eine Pause. Und die tut Dir gut!
Auch stimmt es nicht, dass nur „alte Leute“ dort sind. Nach meinen Beobachtungen sind interessante Menschen vom Teeniealter an dort. Natürlich auch ältere, aber wir waren wirklich bunt gemischt. Ebenso sieht es mit dem Personal aus.
Nochwas: Falls Dein Körper anfangs komisch reagiert – keep cool – Du gewöhnst Dich gerade daran, wie es ist, an Dich selbst zu denken und auf Dein Innerstes zu hören – in fremder Umgebung, allein. Das ist nun mal neu. Ich hatte Pickel wie noch nie, nicht mal in meiner schlimmsten Pubertätszeit..aber die gingen weg wie nix und auch die Einsamkeitsgefühle verließen mich schnell.
Trau Dich! Und ich wünsche Dir eine schöne + erfolgreiche Kur!
Da ich nicht weiß, wie das sonst ist, hier die Facts, wie es bei mir war. Ich wurde also vom Bahnhof abgeholt und mit mir noch ein paar andere. Ich dachte mir „Danke Universum, ich bin nicht allein!“ In der Klinik durften wir erst einmal Mittagessen, dann wurde jeder Einzelne von der Stationsschwester abgeholt. Von ihr bekam ich auch meine Behandlungskarte. Das ist ein kleines Heft, in dem Du alle Angebote, die Du wahrnimmst, selbst einträgst. Der jeweilige Betreuer/Therapeut zeichnet das dann ab. Manche Sachen tragen einzelne Abteilungen/Therapeuten auch selbst ein. Dieses Heftchen begleitet Dich wie ein Stundenplan durch die Wochen. Überhaupt kam ich mir ein bisschen vor wie im Internat. Voll schön. Die Stationsschwester gab mir außerdem noch mehrere Zettel mit Terminen. Überhaupt musste ich lernen, mit einer Menge Papier zu leben. Ich erhielt z.B. eine DIN A4 Seite mit mehreren Vortragsterminen in den kommenden Tagen, darunter auch die Einführung am nächsten Abend und kommenden Morgen sowie Freizeitangebote etc.
Die Schwester zeigte mir schließlich mein Zimmer und gab mir auch den Zimmerschlüssel. Aussicht ins Grüne, auf eine idyllische Kapelle und überhaupt – ATMEN!! Aber nix Ruhe, meinen ersten Termin hatte ich quasi sofort bei meiner absolut megatollen Therapeutin. Das war dann eine Art Vorgespräch, ca. Eine halbe Stunde lang. Manche hatten Arzt und Therapeut in einer Person, dann dauerts ein bissl länger. Meinen Arzttermin hatte ich erst am dritten Tag. Das war ganz okay, so konnte ich in Ruhe rumschnuppern, was es so gab in Klinik und Umgebung (Juchuh, ein WALD!!!).
Der wichtigste Termin am zweiten Tag? Urin abgeben, Blutdruckmessen, Blut abnehmen und Wiegen – und das um kurz nach Sieben *ächz* Das Wiegen udn Blutdruckmessen fand übrigens einmal pro Woche statt.
Mein Kliniktagebuch zum richtigen Tagebuch zu den Fotos aus meiner Rehazeit
Ich konnte es kaum erwarten, nach Gengenbach zu fahren. Ich wusste nicht, was mich erwartet, hatte auch ein bissl Angst vor Neuem aber freute mich auch sehr auf eine Auszeit. Wann bekommt man schonmal die Chance, etwas nur für sich zu tun?!
Dass ich jedoch aus eigener Doofheit in den falschen Zug stieg - nach Kehl - nervte mich schon sehr. Und machte müüüüüüde. Zu meiner Entschuldigung muss ich allerdings sagen, dass die tolle DB in dem Moment eine Ansage machte, in dem ein Zug durchfuhr. Und mein Zug hatte Verspätung..OK, ok, ich hätte auch auf die Beschriftung gucken können..
Dann war ich aber endlich da. Vom Bahnhof Gengenbach wurden wir abgeholt und wie gesagt, jeder erlebt seine Kur anders, aber das absolut besonderste war: Als ich zum ersten Mal dieses Gengenbacher Rathaus sah. Überhaupt kam ich mir in dem kleinen Fachwerkstädtchen die ganze Zeit über ein bissl wie im Märchen vor. Oder wie in einer Weihnachtslandschaft, nur ohne Schnee. Die Häuschen und Läden wirken wie eine Puppenhauslandschaft und so bunt - hach ja, ihr wisst ja, ich bin ein romantischer Fisch und kann nicht anders. Jetzt aber weiter - wir aßen erst einmal zu Mittag und ließen in der Eingangshalle unser Gepäck stehen. Wir wurden von einzelnen Mitpatienten kritisch und neugierig beäugt - aber schon eine Woche später beäugten wir selber:o)) Nach dem Essen wurde jeder Einzelne von seinem Pfleger oder der Stationsschwester abgeholt, bekam ein Behandlungsheft (s.o.), in dem alle Behandlungstermine eingetragen werden und meinen Zimmerschlüssel ausgehändigt und mein Zimmer wurde mir auch gezeigt und allerhand erklärt - z.B. dass jede Woche einmal Wiegen und Blutdruckmessen ist. Am nächsten Tag sollte ich wiederkommen - mit Urin im Gepäck - und mir Blut abnehmen lassen - vor dem Frühstück. Und jede Menge Terminzettel - überhaupt lernte ich mit Zetteln zu leben..
Dann ging´s gleich zur Therapeutin. Eine wirklich tolle ruhige vertrauenswürdige Frau. Danach endlich, endlich: Auspacken und im Zimmer einrichten. Der Ausblick? DER Hammer:
Um 17h gabs schon Abendessen und danach ging ich ein Stündsche spazieren - im Wald natürlich. In den nächsten Tagen traf ich dort einen kleinen Feuersalamander an und hatte ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt meine Kamera nicht dabei. Ich sah ihn nie mehr wieder, obwohl ich immer Ausschau hielt nach ihm..
Dann gabs an diesem ersten Abend noch ein kurzes Hallöschn vom diensthabenden Doc und dann fiel ich todmüüüüd ins Bett!
Sonntag
Leute, was für ein Sonnenaufgang! Ich habe über eine halbe Stunde in der Kälte gestanden, fotografiert, gewartet, wieder fotografiert. Es hat sich gelohnt. Nebelbilder mit rosa Himmel - traumhaft! Danke Natur!
Obwohl...Natur...ich habe Stinkwanzen im bzw draußen vorm Zimmerfenster. Ich muss immer ganz früh lüften denn wenn die Sonne rauskommt (und es ist noch immer sauwarm - und das im Oktober!!) isses vorbei, dann kommen die Dinger rein. Isch mag keine Insekten....eklisch!!
Habe vorhin eine getroffen, die hier auch nicht gut schläft. Vielleicht steht die Klinik ja auf ner Wasserader oder so? Sonst schlafe ich problemlos 12 Stunden durch, hier kann ich nicht einschlafen und bin immer früh um halb sieben schon wach.. Sonst ist es aber gut hier. ich lese viel.
Donnerstag, 16.10.
Ich schlafe besser. Oder vielmehr: ich schlafe, wann immer es geht. Glücklicherweise gibt es zwischen den Behandlungen und Gruppen immer mal wieder ein paar Stündchen Zeit. Somit schlafe, lese und schreibe ich viel. Ich habe außerdem ein irres Glück mit dem Wetter. Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein - mega zum Fotografieren. Besuch hatte ich auch schon, jipieh! Heute werden wir kochen, bin mal gespannt... Ansonsten find ich´s grad ziemlich wahnsinnig, dass die erste Woche schon vorbei ist!
Kochen war megaklasse!! Dreimal hatte ich das Vergnügen und dreimal hatt´ isch Spass!!
Ich erlebe hier immer wieder Leute, die die Klinik beschuldigen, wenn sie aus der Reha nichts mitnehmen können für sich..Ohne den erhobenen Zeigefinger möchte ich sagen, dass doch jeder für sich selbst verantwortlich ist und an sich arbeiten wollen muss um glücklich zu werden.. Seltsame Sache das.
Ich habe eine Woche ohne Nachrichten gelebt. Jetzt steht hier ein Radio und ich höre wieder nur von Toten und nem Stromausfall..Schlimm.
Samstag, 18. Oktober
Hey Leute, ich werde Sportlerin! Das Letzte gestern Abend: Schwimmen. Das Erste heute Morgen: Schwimmen! Und eben bin ich 2 Std. durch Wald und Feld marschiert. Das Wetter ist aber auch zu schön! Saukalt, nicht mehr so warm, wie letzte Woche, aber sonnig! Danke, Universum!
29.10.
Irgendwie hole ich Fotos, bringe ich Fotos, verkaufe/tausche ich Fotos..Unglaublich! Außerdem rate ich jedem: Autogenes Training. Es gibt zahlreiche Bücher und Methoden samt CDs aber es geht nix über einen Kurs. Macht Spaß und entspannt ungemein!
Herbstfest
Whow, Leute! Heute gab´s mal kein "normales" Abendessen, sondern ein "Herbstfest" in der Klinik. Weißwürste & Brezeln, echter, unverdünnter Apfelsaft, Salate, Kürbissuppe, Reibekuchen und Apfelmus, Datschkuchen - was für ein Fest! Danke, Küchenteam der Klinik Kinzigtal!
So schön war die Deko der Tische im Speisesaal. Dazu der Saal dunkel - Wahnsinnsatmosphäre..
Ein paar Tage später
Hänge jeden tag mit denselben Leuten ab. Das Leben macht einfach Spaß hier. Als anstrengend empfinde ich, dass manche dauernd ihre Krankengeschichte zum Besten geben müssen oder dass das Glück nur in sich selbst zu finden ist. Ich schlafe immer noch nicht gut. Manche Gesprächsgruppen sind absolut hart. Nicht nur das Zuhören, auch die Emotionen der anderen Menschen strengen an.
Aber ich lerne viel. Vor allem über mich.
Dienstag
Habe wieder Nierenschmerzen. Bilde ich mir angeblich nur ein..
Hab jetzt immer dieselben 5 Leute um mich herum...Klinik-Clique:o))
Samstag
Hab eine Halsentzündung. Der Doc sieht nix..
Mittwoch
Kein Schwimmen, nur Rotzen. Und die erste von uns Sechsen ist heimgefahren..
Donnerstag
Nach sechs Tagen darf ich zu einer Ärztin außerhalb der Klinik. Sie sieht alles, gibt mir Medikamente und hilft mir.
Mittwoch
Jetzt fahren die nächsten beiden..da waren´s nur noch 3! Nächste Woche fahre ich auch...Wie schnell die Zeit verging.
Die Jess beim Eisessen im Klinikcafe *mampf*
Bin viel im Wald und in Gengenbach und OG unterwegs. Probiere mein neues Teleobjektiv aus.
Die Gruppen bringen mir bis auf eine sehr sehr viel. Und die beiden Therapeutinnen, mit denen ich in erster Linie zu tun habe, sind echt mehr als Gold wert. Jeder Satz der einen regt zum Denken an und die andere hört einfach mega zu und gibt neue Impulse. Und unsere Diätassistentin, die mit unglaublicher Geduld mit uns kocht, hat mir das Wertvollste für mein alltägliches Leben beigebracht – fettarm kochen. Ich bin so dankbar, dass ich diese Menschen um mich haben darf.
Mein neues „Rudel“ Mitpatienten gefällt mir auch. Zwar bin ich manchmal sehr müde und gehe früh schlafen, aber gerade am Wochenende und ab und zu auch unter der Woche sitzen wir bis zum „Einschluss“ um halb elf zusammen und reden über alles Mögliche. Ja, wir fühlen uns ein bissl so wie im Internat – vor allem, wenn dann die Nachtschwester kommt und sagt dass wir in die Zimmer verschwinden müssen, weil es schon so spät ist.. *lach*
19.11.2003 - Adieu Gengenbach!
Jetzt ist tatsächlich der letzte Tag gekommen und ich sitze im Zug nach Hause. Die anderen müssen noch so viel weiter fahren als ich – ich bin in einer halben Stunde schon in Baden-Baden und werde dort vom Bahnhof abgeholt. Es war kein wirklich trauriger Abschied für mich – ein Mädel mussten wir zurücklassen, das tat mir schon Leid, aber wir werden uns wiedersehen, sie kommt ganz aus der Nähe und ich möchte Gengenbach so oft wie möglich als „meine Oase der Ruhe“ wieder besuchen. Mit ein paar anderen fuhren die andere aus unserer kleingewordenen Sechsertruppe und ich gemeinsam fort. Sie stiegen alle in Offenburg aus, um dort in ihre „Fernzüge“ zu steigen – ich rumpel mit dem Regionalexpress alleine weiter. Das wird wohl das Seltsamste sein - wieder alleine sein. Ausgerechnet ich, die immer gerne für sich war und eigentlich doch eher zum Einzelgängerdasein tendierte, macht sich nun darüber Gedanken! Aber so ist es – in der Klinik war immer jemand da zum Reden. Und nun? Warten meine Freunde auf mich. Das ist ein gutes Gefühl, aber ich werde die Zeit mit den anderen vermissen.
Habe den Martinimarkt noch mitbekommen und den Aufbau des größten Adventskalenders – am Gengenbacher Rathaus. War ne tolle Zeit hier, mit neuen Menschen (hatte ich mal Angst vor Neuem??!!), neuen beginnenden Freundschaften und einem immensen Lernerfolg..
Die sechs Wochen haben mir unglaublich viel gebracht und ich danke dafür ganz besonders drei Personen – sie wissen wer gemeint ist – ihnen habe ich „´s Bergle“ geschenkt – im Großformat. Menschen, die ihren Beruf meines Erachtens als Berufung sehen. Danke!
Ich habs geschafft – ich bin in kürzester Zeit um einige Schritte weiter. Und schaue ungläubig hinter mich, dass sechs Wochen so kurz sein können.
Doch wie heisst es so schön? Schöne Tage – nicht weinen, weil sie vergangen, sondern lachen, weil sie gewesen..ja, ich schaue jetzt nach vorne. Und freue mich auf meine Leute. Hallo Baden Baden! Ich bin wieder daheim.
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Fragen, fragen, fragen. Z.B., wenn Du lieber ein Zimmer mit Balkon hättest. In manchen Kliniken ist ein Tausch oder Umzug mittels Warteliste möglich. Oder, wenn Du beim Schwimmen zusätzliche Handtücher benötigst oder Kissen, Decken, Teekanne etc. Die Menschen in der Klinik sind eigentlich sehr freundlich und hilfsbereit und möchten Dir den Aufenthalt so schön wie möglich gestalten.
Das Tolle daran? Ich konnte jeden Fragen – Mitpatienten, Personal – alle waren sehr freundlich und halfen weiter, wo sie nur konnten. Und schon nach einer Woche war auch ich ein „alter Hase“ und half den Neuen..
Du machst Dir Freunde, wenn Du ein bissl mitanpackst. D.h., wenn es Dir aus gesundheitlichen Gründen möglich ist, z.B. Dein Bett alle 14 Tage selbst zu beziehen, freuen sich die Putzkräfte. Die haben nämlich ne Menge zu tun und machen einen grandiosen Job.
Beschäftige Dich! Vergiss auf keinen Fall Strickzeug oder Bücher. Vor allem, wenn Du nicht der kontaktfreudigste Mensch bist und erst mal etwas Zeit brauchst. Kontakte und Gespräche ergeben sich mit der Zeit ganz von allein.
Setz Dich nicht unter Druck! Hab Geduld mit Dir.
Krank in der Kur…
Werd bloß nicht krank! Nein, das hier basiert nur auf meiner persönlichen Erfahrung - und mein behandelnder Arzt war nicht der Optimale. Dafür war ich mit einer mega Therapeutin gesegnet sowie einer weiteren Ärztin und Therapeutin und einer klasse Diätassistentin. Man kann also nicht alles haben. Also, wenn Du krank wirst, gehst Du in der Sprechzeit zu Deinem behandelnden Arzt – zu dem, der Dich am Anfang untersucht hat. Oder Deine Stationsschwester macht einen Termin bei Deinem Doc. Der hilft Dir dann, so gut er kann, untersucht Dich, verschreibt Dir was, nimmt evtl Blut ab. Oder schickt Dich mitsamt Deiner Versichertenkarte zu einem Arzt im Ort, z.B. Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Zahnarzt oder Orthopäde. Falls Du das Gefühl hast, dass man Dir nicht hilft, Dich nicht ernstnimmt oder so, kannst Du entweder zu einer anderen Person Deines Vertrauens gehen oder eben selbst mit der V-Karte in den Ort marschieren. Dir wird auf jeden Fall geholfen.
Und zum Schluss
Mir hat die Reha eine Menge gebracht. Ich bin ruhiger geworden, habe gelernt mich zu entspannen. Nette Menschen habe ich getroffen, von denen mir einige hoffentlich in meinem Leben bleiben werden. Ich habe auch doofe Leute getroffen, aber gelernt, mich höflich zu distanzieren und nicht gleich den Arsch zu machen. Ich bin zu mir selbst gekommen und muss meinen Weg jetzt alleine weitergehen und das Gelernte praktisch anwenden. Das wird nicht immer einfach, aber ich bin zuversichtlich. Die Klinik hat mir sehr viel Kraft und Selbstvertrauen gegeben. DANKE!
So, und jetzt wünsche ich Dir wirklich: Eine erfolgreiche Kur!